Splitten und frontale Begegnungen bei Hunden – Ein Blick in die Hundekommunikation
- Andrea Jumpertz
- vor 6 Tagen
- 3 Min. Lesezeit
Wer mit Hunden lebt oder arbeitet, begegnet täglich einem faszinierenden Aspekt ihres Sozialverhaltens: Sie kommunizieren sehr viel über Körpersprache. Im Gegensatz zu uns Menschen, die Sprache als zentrales Ausdrucksmittel nutzen, regulieren Hunde ihre Beziehungen oft nonverbal. Begriffe wie Splitten oder das Verhalten bei frontalen Begegnungen helfen, diese Signale besser zu verstehen – und Missverständnisse im Alltag zu vermeiden.

Keine Raumverwaltung – sondern Kommunikation über Nähe und Distanz
In manchen Hundeschulen ist von Raumverwaltung die Rede. Damit soll gemeint sein, dass Hunde bewusst „Räume managen“.
Aus wissenschaftlicher Sicht ist das jedoch nicht haltbar: Hunde verwalten keine Räume. Sie handeln instinkt- und situationsgeleitet. Was wir beobachten, sind Formen von Abstandsregulation, Beschwichtigung und Ressourcensicherung – nicht kognitive Planung im menschlichen Sinn.
Statt von Raumverwaltung zu sprechen, ist es präziser, das Verhalten als Kommunikation über Nähe und Distanz zu beschreiben. Und wichtig ist hierbei zu beachten, dass Hunde seitlich splitten und nicht frontal, wie Janne hier im Video.
Splitten – der Schlichter im Rudel
Splitten beschreibt, wenn ein Hund sich seitlich vor einen Hund, Mensch oder zwischen zwei Hunde stellt. Dieses Verhalten ist gut dokumentiert und gilt als Bestandteil der sogenannten Calming Signals (nach Turid Rugaas). Es ist eine Form der sozialen Intelligenz und Konfliktvermeidung.
Zweck des Splittens:
Deeskalation: Spannungen zwischen zwei Hunden entschärfen, einen Hund beruhigen.
Beschwichtigung: Streit oder laute Diskussionen zwischen Menschen unterbrechen.
Schutz: Bezugsperson oder Artgenossen „abschirmen“.
Spiel regulieren: Wenn es zu wild wird, läuft ein Hund dazwischen, um die Energie herunterzufahren. Oder es wird ein einzelner Hund wie im Video reguliert.
Menschen können dieses Verhalten sogar bewusst nachahmen, indem sie sich selbst seitlich zwischen Hund und Hund oder eben einfach neben einen Hund stellen und die Hand seitlich in Richtung Hund heben.
Aber bitte nie frontal. Warum:
Häufig wird argumentiert, dass Menschen die sogenannte „Raumverwaltung“ von Hunden durch frontales Blocken nachahmen können – also indem sie sich dem Hund direkt entgegenstellen, um ihn zu stoppen oder zu kontrollieren. Doch das ist problematisch:
Frontal blocken wirkt bedrohlich. In der Hundesprache ist direkte, frontale Konfrontation ein Droh- oder Abwehrsignal.
Hunde splitten anders. Sie stellen sich zwar dazwischen, tun dies aber deeskalierend: mit weicher Körpersprache, indirekter Bewegung, Beschwichtigung und dem Ziel, Spannung zu reduzieren.
Frontal drohen Hunde nur, wenn sie sich bedroht fühlen oder etwas verteidigen müssen – etwa Futter, Spielzeug, Territorium oder soziale Ressourcen. Das fällt in den Bereich von Ressourcen- oder Territorialaggression, nicht in „Raumverwaltung“.
Frontales Blocken durch Menschen ist also keine Nachahmung natürlichen Hundeverhaltens, sondern eine bedrohliche Geste, die leicht zu Missverständnissen und Stress führt.
Warum ist das so:
Während wir Menschen es gewohnt sind, uns frontal zu nähern, gilt das unter Hunden oft als bedrohlich oder respektlos. In der Hundesprache sieht eine „freundliche“ Begrüßung eher so aus:
In Bögen laufen statt direkt drauf zu,
Blick abwenden statt starren,
ruhiges Tempo statt energischem Marsch.
Wenn Hunde frontal aufeinandertreffen und sich dabei fixieren, steigt die Spannung. Das erklärt auch, warum es an der Leine oft knallt: Hunde können keinen Bogen laufen, werden frontal geführt, und die Leine verhindert ausweichende Kommunikation.
Auch Menschen, die frontal auf Hunde zugehen und dabei fixieren, wirken auf viele Tiere einschüchternd. Besser: seitlich nähern, Blick abwenden und den Hund selbst entscheiden lassen, ob er Kontakt möchte.
Folglich:
Hunde verwalten keine Räume – es gibt keinerlei wissenschaftlichen Beleg hierfür.
Splitten ist ein klar erkennbares Signal, das Hunde einsetzen, um Konflikte zu vermeiden und soziale Situationen zu regulieren.
Frontal blocken ist kein Splitting, sondern wirkt bedrohlich – Hunde zeigen solche Drohsignale nur in Verteidigungssituationen (Ressourcen, Territorium).
Frontalbegegnungen bergen Konfliktpotenzial, da sie gegen die höfliche Hundekommunikation verstoßen.
Es gibt Hunde, die möchten Menschen splitten oder reagieren sogar mit aufgeregtem Bellen, wenn diese sich umarmen oder tanzen. Diese Hunde sind nicht eifersüchtig. Sie verstehen jedoch diese stark frontale Begegnung als bedrohlich.
Habt ihr euch schon einmal gefragt, warum euer Hund nicht zu euch kommt, wenn ihr frontal steht und auch noch vorgebeugt seid?
Es gibt keinen Grund einen Hund frontal zu blocken. Das Argument Hunde machen das auch so, ist schlichtweg falsch. Im Gegenteil: für Hunde ist das nicht verständlich und kann bedrohlich wirken. Seitlich Stehen und eine Hand hochheben kann einen Hund beruhigen und Herunterfahren. Dies muss man jedoch früh genug anwenden. Nicht erst, wenn der Hund zu aufgeregt und angespannt ist. Da gibt es andere Methoden. Gerne zeige ich euch diese zum Beispiel bei den Alltagshelden.
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