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Beziehung vor Verhalten: Warum viele Hunde kein Trainingsproblem haben

Wenn Hunde bellen, ziehen, anspringen oder scheinbar „nicht hören“, wird meist zuerst an Training gedacht. Sitz, Platz, Leckerli, Korrektur. Doch in der Praxis zeigt sich immer wieder: Viele dieser Themen lassen sich nicht dauerhaft über Training lösen, weil Verhalten oft nicht das eigentliche Problem ist.


Hunde zeigen über ihr Verhalten, wie es ihnen innerlich geht. Sie reagieren auf ihre Umwelt mit dem Nervensystem, das ihnen in diesem Moment zur Verfügung steht. Stress, Unsicherheit, Angst oder Überforderung lassen sich nicht abstellen, indem man nur an der Oberfläche ansetzt.


Verhalten ist Kommunikation

Ein Hund, der an der Leine zieht, ist häufig angespannt oder versucht, Abstand zu gewinnen. Ein Hund, der bellt oder knurrt, signalisiert Unsicherheit oder Überforderung. Ein Hund, der still wird oder sich zurückzieht, ist oft nicht „brav“, sondern innerlich blockiert.

Diese Reaktionen entstehen nicht aus Trotz oder Ungehorsam, sondern aus dem Bedürfnis nach Sicherheit. Hunde können nicht sagen, was ihnen zu viel ist. Ihr Körper übernimmt die Kommunikation. Wenn wir versuchen, diese Signale ausschließlich zu unterbinden, ohne ihren Hintergrund zu verstehen, bleibt die innere Belastung bestehen.


Das Nervensystem entscheidet, nicht der Wille

Viele stressbedingte Reaktionen entstehen nicht im „denkenden“ Teil des Gehirns, sondern in Bereichen, die für Schutz und Überleben zuständig sind. In diesen Momenten kann ein Hund nicht bewusst abwägen oder lernen, wie wir es uns wünschen. Kommandos, Futter oder Korrekturen erreichen ihn dann oft nicht oder nur oberflächlich.

Das erklärt, warum manche Hunde im Training gut funktionieren, im Alltag aber immer wieder dieselben Schwierigkeiten zeigen. Die emotionale Grundlage fehlt. Verhalten wird kontrolliert, nicht verändert.


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Welpen: Warum Begleitung wichtiger ist als Reizmenge

Besonders bei Welpen wird häufig unterschätzt, wie wichtig Unterstützung ist. Sozialisierung bedeutet nicht, möglichst viele Reize alleine aushalten zu müssen. Entscheidend ist, ob sich der Welpe dabei sicher fühlt.

Ein Welpe, der neue Situationen gemeinsam mit seiner Bezugsperson erleben darf, speichert diese Erfahrungen als bewältigbar ab. Ein Welpe, der überfordert wird und keine Orientierung bekommt, lernt vor allem eines: wachsam zu sein. Später kann sich das als Unsicherheit, Reaktivität oder Rückzug zeigen.

Stilles Verhalten ist dabei kein verlässliches Zeichen für Entspannung. Ein Welpe kann ruhig wirken und gleichzeitig innerlich stark unter Stress stehen.


Darf man einen ängstlichen Hund beruhigen?

Ja. Nähe und ruhige Unterstützung verstärken keine Angst. Sie helfen dem Hund, wieder in einen regulierteren Zustand zu kommen. Voraussetzung ist, dass der Mensch selbst ruhig bleibt und dem Hund echte Orientierung bietet.

Wenn Beruhigung nicht greift, liegt das meist nicht daran, dass Nähe falsch ist, sondern daran, dass die Beziehung diese Funktion noch nicht ausreichend tragen kann. Das ist kein Fehler, sondern ein Hinweis darauf, wo Unterstützung ansetzen sollte.


Hunde orientieren sich an uns

Hunde reagieren weniger auf Worte als auf den inneren Zustand ihres Menschen. Stress, Hektik oder Unsicherheit übertragen sich ebenso wie Ruhe und Klarheit. Deshalb ist es oft hilfreicher, selbst langsamer zu werden, statt mehr zu fordern.

Ein regulierter Mensch kann für den Hund ein Anker sein. Ohne diese Stabilität geraten Trainingsansätze schnell an ihre Grenzen.


Was bedeutet das im Alltag?

Statt sofort einzugreifen lohnt es sich, kurz innezuhalten: Was ist meinem Hund gerade zu viel? Braucht er Abstand, Zeit oder Unterstützung? Ist Training in diesem Moment überhaupt sinnvoll?

Training hat absolut seinen Platz. Es wirkt jedoch am besten, wenn der Hund innerlich aufnahmefähig ist. Sicherheit kommt vor Umsetzung.


Beziehung als Grundlage für Veränderung

Wenn Hunde sich sicher fühlen, verändert sich Verhalten oft von selbst. Nicht, weil es „abtrainiert“ wurde, sondern weil das Nervensystem weniger unter Druck steht. Beziehung ist dabei kein Ersatz für Training, sondern die Voraussetzung dafür.

Das Ziel ist kein Hund, der perfekt funktioniert, sondern ein Hund, der sich ausreichend sicher fühlt, um angemessen reagieren zu können.


Beziehung zuerst. Verhalten folgt.


Unterstützung gesucht?

Wenn du den Eindruck hast, dass das Verhalten deines Hundes mehr mit Unsicherheit, Stress oder Überforderung als mit fehlendem Training zu tun hat, begleite ich dich gerne. Gemeinsam schauen wir, was dein Hund braucht, um wieder mehr Stabilität und Orientierung zu entwickeln.



 
 
 

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