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AutorenbildAndrea Jumpertz

Mensch-Hund Missverständnisse und ihre Folgen

Zweifle an allem wenigstens einmal, und wäre es auch der Satz: zweimal 2 ist 4 (Georg Christoph Lichtenberg).


Diesen Satz hat mein Vater in mein Poesiealbum geschrieben und ehrlich habe ich ihn als Kind nie so richtig verstanden. In meinem nun doch längerem Dasein als Hundetrainerin, ist dieser Satz zu einem meiner Mottos geworden.


Ganz vorne bei den Missverständnissen ist Hunden ein Kontrollverhalten zu unterstellen. Das Wort Kontrolle in Form von Überwachen ist etwas sehr menschliches und meines Erachtens nicht auf Hunde zu übertragen. Schließlich müsste man ja sagen, dass zum Beispiel ein dem Menschen in seinen Räumlichkeiten oft folgender Hund, als Wächter handelt. Folglich übernimmt dieser Hund dann auch im Leben des Menschen die Führung, weil er es sich herausnimmt seinen Mensch zu kontrollieren. Das geht ja gar nicht ;-).Gut, dass unsere Hunde von diesen meines Erachtens irrationalen Gedanken nicht einmal den Hauch einer Ahnung haben.



Zunächst einmal sollte man schauen, warum stalkt mich mein Hund. Da ist zum Beispiel die Genetik zu berücksichtigen. Mein Hütehund Mix Ennah stalkt sehr gerne, da sie in fast allen meiner Handlungen eine Belohnung vermutet und in vielen auch erhält. Kontrolliert sie mich deshalb? Gut man kann es so nennen, aber es hat für mich keinen negativen Beigeschmack, wie es irgendeine hartnäckige Legende uns weiß machen möchte.


Ennah ist in der Lage mich gut zu lesen, was bedeutet, dass sie wie alle Hunde auch außerartlich kommunizieren kann. Und genau da kommen wir zum Punkt: können wir Menschen tatsächlich auch gut außerartlich kommunizieren und Hunde richtig lesen?


Es ist doch zum Beispiel entscheidend, ob ein Hund mir verunsichert oder freudig durch die Räume folgt. Das sieht man nur an der Körpersprache. Das kann und sollte man lernen.


Warum folgt mir ein Hund oft durch das Haus und zeigt häufig Kontaktbedürfnisse? Er tut es entweder aus Unsicherheit oder es ist vorfreudige Erwartung und einfach Nähe suchen.


Hunde die Ängste haben, leiden auch häufig unter Trennungsstress. Als unsicheres Kind hängt man eben auch am Rockzipfel der Mutter. Das tut dem Kind dann auch gut einen Halt zu haben. Kontrolliert das Kind dann die Mutter? Nein da würde niemand darauf kommen. Man nennt es unsichere Bindung und auf Dauer ist es nicht gesund, weil natürlich auch die Mutter nicht immer da sein kann. Hier hilft im Zweifel psychologische Beratung oder eine sich selbst reflektierende Mutter, die das Kind sanft zur Einsicht führt und ermuntert Dinge ohne sie zu tun.


Ein aus Ängstlichkeit folgender Hund muss erst lernen seine Ängste zu bewältigen mittels Training. Hier handelt es sich um sehr kleinschrittiges und an vielen Stellen ansetzendes Training.


Auch dem freudig folgenden Hund kann man durch Training klar machen, das es am Hundeplatz mal schöner sein kann als neben einem auf dem Klo. Türen helfen da auch schon mal. Das können stabile Hunde ab.


Letztendlich ist beiden Followertypen (Angst oder freudige Erwartung) gemeinsam, dass wir nicht klar verständlich ihnen gegenüber sind. Wieso maßen wir uns Menschen eigentlich an, dass Hunde auf die Welt kommen und mal eben unsere Sprache sprechen. Das muss man mal so sagen. Mir geht es da manchmal nicht anders.


Woher soll denn ein Hund als Opportunist wissen, dass nichts Tolles für ihn passiert, wenn sie uns folgen und beobachten, wenn es doch immer mal wieder ab und zu belohnt wird.

Das nennt sich variable Verstärkung. Mal wird ein Hund für das Mensch stalken belohnt und mal nicht. Wobei Belohnung aus Sicht des Hundes betrachtet werden muss. Die wenigsten Menschen wissen, was ihre Hunde alles so als belohnend empfinden.


Folglich, wenn Hunde mal für etwas belohnt werden und mal nicht, findet Lernen schneller statt. Dieser leichte Frust in der nicht belohnenden Phase führt dazu, dass sich im Gehirn neue Nervenzellen schneller verbinden als ohne diesen kleinen Frustmoment. Daher unterstützen wir den aus Freude stalkenden Hund in diesem Verhalten.


Wenn ein Hund deswegen nicht zur Ruhe kommt und eventuell nicht lernen kann und eher unkonzentriert ist, dann ist es nicht das Kontrollverhalten, welches zu Übermut und Konzentrationsproblemen führt, sondern Mangel an nötiger Ruhe.



Der Hund muss Ruhe lernen sagt man dann. Muss Ruhe lernen, bringt mich auf die Palme und in den gegenteiligen Zustand nämlich Wut und Aufregung. Ein Hund sollte vor allen Dingen erst einmal unsere Sprache lernen. Sitz, Decke, Draußen usw.. Ja warum denn Draußen? Ein Welpe, der weiß, was Draußen heißt, muss man nicht mehr während des Lösevorganges mit fliehenden Fahnen nach draußen deponieren. Er läuft dann schon freudig zur entsprechenden Tür. Wie das geht: Man stelle sich in die offene Tür und werfe ein Lecker nach draußen und sage, wenn der Hund dorthin läuft das Wort. Genauso werfe ich ein Lecker wieder hinein und sage rein, während der Welpe rein läuft. So einfach ist das Vokabeln lernen für Hunde.


Wenn ich gehe und sage: du bleibst hier, wissen meine Hunde, was das bedeutet. Wenn ich Hundesport mit meinem Hund mache, benutze ich auch Worte. Meine Körpersprache ist oft nur eine Unterstützung für den Hund. Warum? Na ich bin eben auch nur ein Mensch und beherrsche nicht die feine Körpersprache der Hunde.


Wenn ich also meinem freudigem Follower genannt Hund kurz zugewandt sage, du bleibst hier und er kennt diesen Satz, dann wird er das auch verstehen. Zusätzlich baue ich eine Decke positiv auf, auf der es sich aus Sicht des Hundes lohnt zu bleiben. Es muss sich eben auch mal mehr für den Hund lohnen auf der Decke zu bleiben, als mir zu folgen.


Das trainiert man intensiv mit Hunden, die aufgrund ihrer Stalkerei nicht zur Ruhe kommen und im Alltag dann überfordert sind. Meine freudigen Follower dürfen meist dabei sein, da sie stabil sind und wir ein zufriedenes Miteinander führen aus unserer Sicht. Da wage ich es auch mit gutem Gefühl für meine Hunde zu sprechen. Aber gewisse Türen schließen sich auch einmal vor ihnen.


Das Problem dagegen bei ängstlichen Stalkerhunden ist, dass sie wirklich glauben wir würden hinter der Klotüre verpuffen (weiß nicht, wie sie darauf kommen) und dann mit der Klospülung in den Weiten des Meeres entschwinden.


Das Ignorieren, was dann als Mittel gegen die vermeintliche Kontrolle durch den Hund geraten wird, ist effektiv gar nicht möglich. Jeder Hund findet hier immer noch ein Quentchen Belohnung. Sei es auch nur der kurze genervte Blick in seine Richtung.

Ignorieren als Dauermaßnahme ist nicht möglich und führt zu keinem guten Gefühl bei Hund und Mensch.


Man könnte vielleicht einen Hund auf hündische Weise effektiv ignorieren. Wenn ein Hund den Kopf extrem hoch hält und gen Himmel schaut, wenn sich ein anderer Hund diesem nähert, heißt das deutlich: ich will mit dir nichts aber auch gar nichts zu tun haben. Das kann man gerne nachmachen, wenn sich einem ein fremder Hund nähert. Aber mit dem eigenen Hund, ehrlich nein, das möchte ich meinem eigenen Hund nicht vermitteln. Zudem hat man zu Hause spätestens nach einer halben Stunde einen steifen Nacken bei dieser Kopfhaltung.


Fazit ist: man kann als Mensch Hunde nicht strafend ignorieren. Nochmal es sind Hunde. Der unsicher gebundene Hund kommt bei dieser Form in weitere Unsicherheiten. Da muss erst einmal an den Ängsten gearbeitet werden.


Zusammenfassend ist zu sagen:


Hundeverhalten ist immer individuell zu betrachten.


Wir müssen klar sein gegenüber unseren Hunden.


Klar sein heißt:


Hunde verstehen in jeder Lebenslage, die für sie wichtigen Vokabeln, die wir ihnen beigebracht haben.


Wir können die Stimmung unserer Hunde an ihrer Körpersprache erkennen.


Dies und noch vieles mehr, führt zu einem harmonischen Miteinander zwischen Mensch und Hund, von dem beide Seiten profitieren.


Denn schließlich tragen wir die Verantwortung für diese hochsozialen Lebewesen. Es liegt allein in unserer Hand, ob es ihnen gut oder schlecht geht.


Zum Schluss noch ein Zitat aus einem meiner Lieblingsbücher (Der kleine Prinz von Antoine de Saint Exupéry:


Du bist zeitlebens dafür verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast.





So ist es,

Andrea Jumpertz





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Nadine El-Assil
Nadine El-Assil
Mar 31, 2022


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