Es ist wichtig, unser Verständnis von Hundeverhalten ständig zu hinterfragen und zu vertiefen. Bescheidenheit und kontinuierliche Reflexion helfen gutes Wissen zu vermitteln.
Vor allem Beiträge, die veraltetes Wissen aus den 60er Jahren über Lernverhalten und die vier Quadranten des Behaviorismus vermitteln, zeigen kein aktuelles Wissen. Wir leben im Jahr 2025, und inzwischen wissen wir, dass Hunde Emotionen haben, die ihr Verhalten steuern.
Verhalten nur über Verstärkung oder Bestrafung zu erklären, greift zu kurz, da die emotionalen Zustände eines Hundes das Verhalten individuell steuern. Ein Hund zum Beispiel sollte doch grundsätzlich lernen dürfen, in stressigen Situationen selbst Lösungen zu finden. Das stärkt die Resilienz gegenüber negativen Emotionen, was zu einem entspannten Begleiter führt. Das bedeutet aber eben nicht, den Hund absichtlich stressigen Situationen auszusetzen und dann für ein Sitz mit Lecker zu belohnen. Das hat nichts mit Selbstwirksamkeit lernen zu tun. Auch das wiederholte Aussetzen eines Hundes an einen stressigen Trigger, um ihn zur Ruhe bzw. Aufgabe zu bringen, ist keine Selbstregulation des Hundes.
Training dagegen sollte darauf abzielen, den Hund in seiner Selbstwirksamkeit zu unterstützen, nicht nur durch äußere Belohnungen oder Bestrafungen. Wir müssen an dem emotionalen Zustand des Hundes arbeiten, damit er in stressigen Situationen gelassener reagieren kann. Nur wenn wir als Halter empathisch agieren, können wir den Hund darin unterstützen, förderliches Verhalten zu zeigen und langfristig Selbstregulation zu entwickeln.
Um ihm aber die Möglichkeit der Selbstregulation zu geben, müssen wir in der Lage sein hündische Emotionen zu erkennen anhand ihrer Körpersprache.

Hier ein Beispiel für die feine Körpersprache und ihre Auslegungen: häufiges Blinzeln ist ein Zeichen von Stress, kann jedoch je nach Kontext auch eine höfliche Geste sein, die dem Gegenüber sagt: „Ich bin freundlich, sei du es bitte auch.“ Das gleiche gilt für das Lecken über den Nasenspiegel. Interessant ist, dass Hunde mit dunklem Fell und dunklen Augen das Blinzeln weniger häufig zeigen, sondern stattdessen Zunge über die Nase lecken. Dies ist eine effektive Methode, da sich die rosa Zunge deutlich vom dunklen Fell abhebt. Das zeigt uns, dass wir noch längst nicht alles über das Verhalten von Hunden wissen – wir können uns nur bescheiden annähern.
Zusammenfassend möchte ich zur Vorsicht mahnen, wenn Verhalten als fest und unveränderlich betrachtet wird und man ausschließlich auf positive Verstärkung oder Bestrafung setzt, um dieses zu ändern. Hunde haben es nicht verdient, auf diese simple Weise behandelt zu werden. Das ist eher eine komplexe, aber keine schwierige Thematik. Auf sozialer Ebene mit Hunden zu interagieren bedeutet, in allen Emotionen mit ihnen zu kommunizieren – nicht nur innerhalb eines Lernquadranten, sondern in der gesamten Vielfalt der Gefühle, die entstehen können.
Es reicht also nicht, den Hunden nur unsere Sprache beizubringen – wir müssen auch ihre verstehen. Kommunikation ist ein Austausch, und wenn wir unseren Hunden nicht zuhören, entsteht kein echtes Miteinander. Das führt zu den Problemen, die wir oft im Zusammenleben mit Hunden sehen.
Noch einmal: Einseitiges Training, egal welcher Art, kann hier nicht die Lösung sein. Zuerst müssen wir uns gegenseitig verstehen, dann entsteht eine Beziehung, in der der Hund auch in schwierigen Zeiten resilienter wird und mit uns gemeinsam durch den Stress geht.
Auch vergesst bitte die schnöden Theorien über Grenzen setzen und Führung. Diese Denkweise schaltet Hunde nur ab und kann neue Probleme schaffen. Wenn man zum Beispiel Welpen mit Einschüchterung und Kontrolle behandelt, mag es anfangs wie ein Erfolg wirken. Doch mit Beginn der Pubertät zeigen diese Hunde häufig stärkere Probleme wie Angst oder Aggression, weil sie nie Resilienz oder Selbstwirksamkeit erlernt haben. Das vermeintliche Widersetzen in der Pubertät ist dann lediglich ein Symptom. Der wahre Ursprung dieses Verhaltens liegt im Frust und der Einschüchterung, die sie als Welpen erfahren haben.
Wenn Menschen dann weiterhin mit der Idee von „Grenzen setzen“ arbeiten, kann man sich vorstellen, wie ein Hund reagiert, der gerade versucht, seine schwierigen Emotionen zu bewältigen. Diese Gefühle sind eigentlich nur so besonders schwierig aufgrund der negativen Erfahrungen in der Welpenzeit. Das führt entweder zu Selbstaufgabe oder zu Aggression.
Aggression dann wiederum als böses Verhalten zu behandeln und es dann aversiv zu bestrafen, ohne die Ursachen zu hinterfragen, wird letztlich zur Selbstaufgabe des Hundes führen – und nicht zur Lösung des Problems. Das ist der Teufelskreis durch den viele Hunde heute gehen. Entweder geben sie sich früher oder später auf oder werden ängstlich bzw. aggressiv. Im besten Fall also aus Hundesicht finden manche Selbstregulation in exzessivem Jagdverhalten.
So viele Hunde werden zu Problemhunden, weil man ihnen nicht zuhört – und weil dann noch Trainer kommen, die auch nicht zuhören können sondern nur einschüchtern oder versuchen mit Leckerchen ein emotionales Problem zu lösen ohne ganzheitlich zu schauen. Letztendlich kennt doch jeder Hundehalter seinen Hund sehr gut. Verlasst euch auf euer Bauchgefühl und arbeitet zusammen mit eurem Trainer und eurem Hund. Lasst euch nichts von oben herab erzählen und macht dies aber auch nicht mit eurem Hund.
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